Schutz vor RSV-Infektion für Kinder unter einem Jahr
Der Schutz vor Babyschnupfen (RSV) ist jetzt für alle Säuglinge im ersten Lebensjahr möglich.
Der RSV Babyschnupfen ist der häufigste Grund das Säuglinge im ersten Winter ihres Lebens im Krankenhaus behandelt werden müssen (Dr. Judith Koch, et. al. Gremium der StIKo, 2024). Der Erreger führt bei den Kindern zu starkem Husten, Sauerstoffbedarf und Trinkschwäche.
„Nestschutz erweitern“
Den Kindern kann nun vor dem ersten Winter (meist im Oktober) beim Kinderarzt eine einmalige Impfung gegeben werden. In dieser Impfung sind fertige Antikörper gegen das RS -Virus, die vom Körper aufgenommen werden. „Herbst“ und „Winter-Kinder“ die in der RSV-Infektionszeit (Oktober bis März) geboren werden, können möglicherweise schon vor der Entlassung aus der Geburtsklinik geschützt werden.
Der Körper des Kindes muss bei dieser Art des Schutzes nichts tun.
Ähnlich wie beim sogenannten „Nestschutz“ den das Kind über die Placenta (den Mutterkuchen) aus dem Blut seiner Mutter erhält, ist auch der Schutzmechanismus dieser Impfung. Die Antikörper fangen eindringende Krankheitserreger ab und machen sie unschädlich. Es ist eine „geliehene“ Immunität. Hierdurch kann die erste Baby Zeit überbrückt werden, in der die Kinder so empfindlich für das Virus sind und so erheblich erkranken. Wie der von der Mutter erhaltene Nestschutz, bauen sich auch die Antikörper dieser Impfung mit der Zeit wieder ab. Nach sechs Monaten ist die Wirkung aufgehoben. Dann ist der Winter aber vorbei und die Infektionsgefahr nicht mehr gegeben. Ältere Kinder und Erwachsene können sich auch anstecken, bei ihnen läuft die Infektion aber meist als harmloser Schnupfen ab, hiergegen ist keine Impfung mehr erforderlich.
Ist es sinnvoll?
Nach meinem Eindruck ist es sinnvoll die Kinder in ihrem ersten Winter vor der RSV-Infektion zu schützen. Die passive Impfung ist eine gute Möglichkeit.
Wie funktioniert die Impfung?
Anders als bei den üblichen Impfungen im Kindesalter werden keine Oberflächen-Informationen von Krankheitserregern gegeben, die der kindliche Körper dann aktiv, selbst in Abwehrkräfte umbauen muss. Bei dieser Impfung werden gleich die fertigen Abwehrkräfte gegeben, die Antikörper. Hierdurch entfällt die Arbeit für das Immunsystem. Es ist eine sogenannte passive Impfung. Das bedeutet die Impfung kann auch sehr kleinen oder stark immungeschwächten Kindern gegeben werden.
Ist diese Art von Impfung neu?
Die Gabe von Antikörpern ist in der Medizin schon lange etabliert. In der Öffentlichkeit bekannt ist eventuell die Gabe eines Wundstarrkrampf -Antikörpers, wenn man sich ohne ausreichenden Impfschutz verletzt. Auch hier wird eine Leih-Immunität hergestellt, um eine Tetanus Infektion zu verhindern, bis die aktive Impfung hilft. Neu ist, dass die Impfkommision jetzt eine sogenannte passive Impfung empfiehlt, die ja keine dauernde Immunität hinterlässt. Dies ist nur im besonderen Fall der RSV Infektion möglich, da diese Erkrankung tatsächlich in den ersten Monaten am schwersten verläuft, und deshalb auch nur in den ersten Monaten ein Schutz notwendig ist.
Kann man nicht die Mutter impfen, wie bei Kechhusten auch?
Eine aktive Impfung der Mutter ist theoretisch möglich. Dann würde das mütterliche Immunsystem die Antikörper bilden und diese mütterlichen Antikörper dann über den Mutterkuchen auf das Kind übertragen. Es gibt einen Impfstoff, jedoch fehlen für den mütterlichen Impfstoff noch die letzten Sicherheitsdaten (Führt er zu genug Antikörpern, werden diese dann auch wirklich aufs Kind übertragen, ist der Impfstoff für die Mutter und das Baby im Bauch auch wirklich unschädlich).
Von den Antikörpern in der Kinderimpfung kennt man ihre Wirkung und Verträglichkeit. So ist es momentan sicherer und sinnvoller die Babys zu impfen.
Ist RSV eine schwere Infektion?
Die RSV Infektion ist tatsächlich nur im ersten Lebensjahr so schwer. Die Säuglinge sind noch klein, die Atemmuskulatur noch schwach. Richtiges Abhusten ist deshalb für Babys nur eingeschränkt möglich. Das Atmen mit den infizierten Atemwegen kann sehr anstrengend sein und die Babys erschöpfen. Vor lauter Atemarbeit fehlt die Kraft an der Brust oder aus der Flasche zu trinken. Trotz höchstem Einsatz von mir als Kinderärztin und den Eltern mit Inhalationen, Atemgymnastik, Hochlagern, Herumtragen, schafft man es häufig nicht den Säugling so zu stabilisieren, dass er ohne zusätzliche Sauerstoffgabe oder Flüssigkeitszufuhr zurechtkommt. Dies führt dann zur Krankenhauseinweisung.
Und warum Impfen, wenn der Schutz des Babys nur sechs Monate hält?
Ein Schutz im ersten Winter reicht völlig aus. Im Sommer tritt dieser Erreger nicht auf. In dieser Zeit wächst das Kind, es wachsen die Muskeln und die Atemwege. (Stellen Sie sich den Unterschied zwischen einem Neugeborenen und einem Einjährigen vor). Das Kind ist kräftiger, aktiver, es kann vielleicht schon laufen und hüpfen. In diesem Alter ist die RSV Infektion zwar immer nervig, das Kind ist krank und hustet, aber es kommt gut damit zurecht. Deshalb ist eine nochmalige Impfung nicht nötig. Die Therapie ist symptombezogen, frische Luft, Bewegung und eventuell Inhalationen.
Sprechen Sie mich gerne an!
Ihre
Dr. med. Helga Prießmann
Originaltext der Empfehlung
Die STIKO empfiehlt allen Neugeborenen und Säuglingen eine RSV-Prophylaxe mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab (Beyfortus) als Einmaldosis vor bzw. in ihrer 1.RSV-Saison. Säuglinge, die zwischen April und September geboren sind, sollen Nirsevimab möglichst im Herbst vor Beginn ihrer 1.RSV-Saison erhalten. Neugeborene, die während der RSV-Saison (üblicherweise zwischen Oktober und März) geboren werden, sollen Nirsevimab möglichst rasch nach der Geburt bekommen. Neugeborene und Säuglinge sind in ihren ersten 6 Lebensmonaten besonders gefährdet, schwer an RSV zu erkranken. RSV-Infektionen sind die häufigste Ursache für Krankenhauseinweisungen von Säuglingen in Deutschland.